Die päpstliche Aufhebung des Jesuitenordens 1773 bleibt eine der merkwürdigsten Tatsachen der Kirchengeschichte. Merkwürdig, dass ein religiöser Orden vom Papst aufgehoben wird, der über die ganze Welt verbreitet ist. Merkwürdig, dass die Beseitigung des Ordens gefordert wird von Herrschern, die bis in die letzten Jahre hinein Jesuiten zu ihren Vertrauten und Beratern zählten. Merkwürdig, dass die Gegner des Ordens dessen Aufhebung durchsetzen konnten, obwohl die Jesuiten in ihren Schulen gerade die Jugend aus höheren gesellschaftlichen Schichten unterrichteten. Merkwürdig, dass der Orden nach seiner Aufhebung von nichtkatholischen Fürsten beschützt und bereits nach einer Generation für die ganze Welt wiederhergestellt wird.
Das Jahr 1773 stellt eine tiefe Zäsur in der Geschichte des Jesuitenordens dar. Selbst wenn Teile des Ordens in Russland unter Katharina II. und Preußen unter Friedrich II., wo das päpstliche Aufhebungsdokument nicht verkündet wurde, bestehen blieben, so begann doch am 7. August 1814 mit der Wiederherstellung der Gesellschaft Jesu durch Papst Pius VII. etwas Neues. Die gewandelte Zeitsituation wirkte sich zuerst einmal aus in einer schwächeren finanziellen Zuwendung an den wieder stetig wachsenden Orden. Auch viele Aufgaben, die einst Jesuiten innehatten, waren entweder von anderen übernommen worden, etwa in Schulen und Missionen, oder sie hatten sich als allgemeine Formen der Seelsorge durchgesetzt, wie Exerzitien, Glaubensunterweisung und Volksmissionen. Die Wirkungsmöglichkeiten des Jesuitenordens in Kirche und Gesellschaft waren seit dem 19. Jahrhundert weniger demonstrativ und spektakulär als im 17. und 18. Jahrhundert.
Die Geschichte der Gesellschaft Jesu im 19. Jahrhundert ist aber auch eine Geschichte einer Kette von Leiden und Verfolgungen. Der internationale Charakter des Ordens stand dem gewachsenen Selbstbewusstsein der Nationalstaaten entgegen, seine Wiederherstellung unter dem Vorzeichen der Restauration machte ihn den liberalen und sozialistischen Kräften verdächtig. Inmitten großer Verfolgungen erlebte der Orden jedoch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein starkes inneres und äußeres Wachstum. Die Zahl der Jesuiten verdoppelte sich, die Zahl der Schulen stieg wieder an, die Weltmission erlangte eine neue Blütezeit. Der innere Zusammenhalt des Ordens wurde durch die Anpassung der Studienordnung an die gewandelten Verhältnisse und einer neubegründeten ignatianischen Exerzitienbewegung gefestigt.
Gerade als die Jesuiten im Deutschen Reich wieder Fuß gefasst hatten, kam es zu Bismarcks "Jesuitengesetz" vom 4. Juli 1872, die Ordensmitglieder wurden als Reichsfeinde des Landes verwiesen. Erst 1917 wurden die Jesuitengesetze in Deutschland endgültig aufgehoben.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlebt die Gesellschaft Jesu ihr größtes Wachstum. Die Zahl der Ordensmitglieder erreichte mit 36.000 weltweit ihren bisherigen Höchststand. Die Jesuiten unterhielten Gymnasien, waren in der Jugendarbeit tätig, hielten Volksmissionen, betreuten Pfarreien und waren durch ihre Zeitschriften und Publikationen ihrer Wissenschaftler im geistigen Gespräch und in der wissenschaftlichen Welt präsent.
Seit Beginn des Dritten Reiches genoss die Gesellschaft Jesu die besondere Aufmerksamkeit der neuen Machthaber, einerseits, weil man sie ob ihrer weltweiten Organisation als "schlagkräftige Truppe" bewunderte, andererseits, weil man sie als Widersacher zu den eigenen nationalsozialistischen Planungen fürchtete. So ist es nicht verwunderlich, dass bereits im April 1935 von der Gestapo in München ein Geheimbefehl herausgegeben wurde, die Predigten und Vorträge der Jesuiten besonders kritisch zu verfolgen. 1941 erließ Hitler den Geheimbefehl, alle Jesuiten aus dem aktiven Wehrdienst zu entlassen und sie als "n.z.v." (nicht zu verwenden) in den Beurlaubtenstand zu überweisen. Ein Konflikt mit dem Jesuitenorden lag schon von der Mentalität der Nationalsozialisten her nahe. Das Engagement der Jesuiten widersprach dem Totalitätsanspruch des neuen Staates und der ihn tragenden Ideologie. Der Jesuit wurde mit dem Freimaurer und dem Juden in einem Atemzug genannt; er war der Prototyp des Lügners und des Volksschädlings. Die Bilanz der Opfer in den deutschen Jesuitenprovinzen ist groß: Drei Jesuiten wurden hingerichtet, einer starb in der Nacht vor seiner Hinrichtung, drei starben im KZ, zwei wurden Opfer der Euthanasie, 13 kamen bei Kriegseinwirkungen ums Leben, 79 Jesuiten kehrten nicht mehr aus dem Krieg zurück.