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Tauziehen vor der Aufhebung des Ordens

Konsultbuch der Oberrheinischen Provinz 1733-1773 restauriert

Unser Provinzarchiv verwahrt manche historische Kostbarkeiten, deren Bedeutung als Quelle für die Kirchen- und Ordensgeschichtsschreibung nicht hoch genug angesetzt werden kann. So konnte jetzt ein durch Schimmelfraß zerfallenes "Konsultbuch" der alten Oberrheinischen Provinz restauriert und digitalisiert werden. Darin wurden die Ergebnisse der Beratungen der Provinzleitung bis zur Aufhebung des Ordens festgehalten. Der letzte Eintrag des Konsultbuches stammt vom 13. Mai 1773. Drei Monate später, am 16. August, wurde die Gesellschaft Jesu aufgehoben.

Im Archiv der Deutschen Provinz der Jesuiten in München wird vor allem die Überlieferung der deutschen Jesuitenprovinz(en) seit der weltweiten Wiederherstellung des Ordens 1814, Ihrer Behörden, Häuser, Mitglieder und Einrichtungen verwahrt. Aus der Zeit der sogenannten "alten Gesellschaft Jesu", also den Jahren von der Gründung des Ordens 1540 bis zu seiner Aufhebung durch Papst Clemens XIV. im Jahre 1773, dagegen sind nur noch, wenn im Einzelfall auch nicht unbedeutende, Archivsplitter vorhanden. Der größte Teil der 1773 existierenden Provinzarchive wird heute in staatlichen oder kommunalen Archiven aufbewahrt: das Archiv der Oberdeutschen Provinz und das der Bayerischen Provinz im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München, das der alten Niederrheinischen Provinz im Historischen Archiv der Stadt Köln und das der Oberrheinischen Provinz im Stadtarchiv Mainz.

Unter den Splitterbeständen im heutigen Provinzarchiv finden sich manche historische Kostbarkeiten, deren Bedeutung als Quelle für die Kirchen- und Ordensgeschichtsschreibung nicht hoch genug angesetzt werden kann. Solche kulturellen Werte sicher zu verwahren und auf Dauer zu erhalten gehört zu den vornehmsten Aufgaben eines jeden Archivs. Aus dem Provinzarchiv der alten Oberrheinischen Provinz mit Sitz in Mainz ist ein sogenanntes Konsultbuch für die Jahre 1733 bis 1773 erhalten. Dabei handelt es sich um ein Protokollbuch, in dem die Ergebnisse der Besprechungen des Provinzkonsults dieser letzten vierzig Jahre bis zur Aufhebung des Ordens eingetragen wurden. Der Provinzkonsult ist ein Beratungsgremium des Provinzials, das zwar über keine Entscheidungsvollmacht verfügt, jedoch regelmäßig einberufen und in allen wichtigen Angelegenheiten vom Provinzial gehört werden muss. Deshalb bildet ein solches Konsultbuch gleichsam einen Spiegel der wesentlichen Ereignisse und Fragestellungen innerhalb der jeweiligen Ordensprovinz, woraus sich sein enormer Quellenwert bemisst. Der letzte Eintrag des Konsultbuches stammt vom 13. Mai 1773. Drei Monate später, am 16. August, wurde die Gesellschaft Jesu durch das päpstliche Breve "Dominus ac redemptor" aufgehoben.

Das genannte Protokollbuch hatte zu einem nicht bekannten, vermutlich Jahrzehnte zurückliegenden Zeitpunkt einen Wasserschaden erlitten, in dessen Folge durch Schimmelfraß die Seiten durch den gesamten Buchblock hindurch beschädigt worden sind. Zwar war der Schimmel nicht mehr aktiv, doch drohten aufgrund der fragilen Papierstruktur weitere Papier- und damit Informationsverluste. Eine (aufwändige, kostenintensive) Restaurierung, die in einem verhältnismäßig kleinen Ordensarchiv nur in seltenen Ausnahmefällen möglich ist, war damit unausweichlich. Dabei wurden die Fehlstellen durch den Buchrestaurator mit Japanpapier kaschiert und somit der Papierbestand insgesamt stabilisiert und auf Dauer gesichert. Nach der Restaurierung wurde der Band digitalisiert, so dass die Benutzung künftig in der Regel am PC erfolgen und das Original weitgehend geschont werden kann.

Dr. Clemens Brodkorb

Dr. Clemens Brodkorb  (Jg. 1966) ist Kirchenhistoriker. Seit 2000 leitete er das Archiv der Norddeutschen Provinz (in Köln), seit der Provinzvereinigung 2004 ist er der Leiter des Archivs der Deutschen Provinz der Jesuiten in München.

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