• © SJ-Bild/Markus A. Langer
  • P. Martin Maier SJ (l.) 2015 mit P. Jon Sobrino SJ und Papst Franziskus.
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P. Martin Maier SJ wird Chef des Hilfswerks Adveniat

Brüssel/Essen (KNA) - Jesuitenpater Martin Maier SJ (61) übernimmt zum 1. September das Amt des Hauptgeschäftsführers des Bischöflichen Hilfswerks Adveniat. Zuvor war der Ordensmann sieben Jahre als Beauftragter für Europäische Angelegenheiten im Jesuit European Social Centre in Brüssel tätig. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) sprach mit dem Theologen über seine Begeisterung für Lateinamerika, die "Option für die Armen" und wie wichtig Humor ist.

Pater Maier, was verbinden Sie spontan mit Weihnachten?

Da fällt mir meine Kindheit in Südbaden mit wunderschönen Weihnachtsabenden ein. Zugleich denke ich an die Gottesdienste und damit an Adveniat - die Weihnachtskollekte, die für die Kirche in Lateinamerika bestimmt ist. Auch meine Familie hatte dafür stets eine Spende vorbereitet.

Sie gelten als Experte für Lateinamerika. Wie kam es dazu?

Das war am Beginn meiner Ordensausbildung. Ich erinnere mich noch sehr genau an jenen Abend im März 1980. Die Tagesschau meldete, dass in El Salvador Erzbischof Oscar Romero während der Feier der Heiligen Messe am Altar erschossen worden ist. Das hat mich schockiert. Ich bin dann in die Kapelle, habe gebetet und meditiert. Dabei hatte ich ganz gemischte Gefühle. Da war das Entsetzen darüber, dass ein Bischof während der Messfeier erschossen wird. Zugleich war da Bewunderung für diesen Mann, der den Weg Jesu, für die Armen da zu sein, bis zur letzten Konsequenz gegangen ist und dafür mit seinem Leben bezahlt hat.

Sie kennen das Schöne an El Salvador, haben aber auch die dunklen Seiten kennengelernt. 1989 wurden dort sechs Jesuiten ermordet. Sie blieben wie durch ein Wunder verschont. Prägt einen das?

Diese Erfahrung hat mich tatsächlich geprägt. Denn ich hätte damals auch unter den ermordeten Mitbrüdern sein können. Sie haben sich wie Romero für Frieden und Gerechtigkeit eingesetzt. Damals sagte ich mir: Wir müssen jetzt weitermachen. Wir müssen den Weg weiter gehen. Ich wurde dann ja an der Stelle von einem der ermordeten Mitbrüder Pfarrer in einer Landgemeinde. Das waren für mich sehr, sehr tiefe Erfahrungen, mit dieser Gemeinde in einer Situation von Verfolgung und Verleumdungen den Weg des Evangeliums zu gehen.

Hat man da nicht manchmal Angst um sein Leben?

Ich habe durchaus Angst gehabt. Aber sie ging weg, so erlebte ich es jedenfalls, wenn ich mit den Menschen zusammen war; wenn wir Gottesdienst feierten.

Zuletzt waren Sie Beauftragter für Europäische Angelegenheiten in einer Einrichtung Ihres Ordens in Brüssel. Künftig gilt Ihr Einsatz den Menschen in Südamerika. Wo sehen Sie Unterschiede, wo Gemeinsamkeiten in der Arbeit?

In Brüssel habe ich mich um einen Dialog mit den Institutionen der Europäischen Union, vor allem mit dem Parlament und der Kommission bemüht. Mir ging es darum, die Grundsätze der katholischen Soziallehre zu vermitteln. Die Gründerväter der EU, Adenauer, De Gasperi und Schuman, waren stark von dieser inspiriert. Wenn ich gefragt wurde, was meine Tätigkeit ist, habe ich übrigens immer mit einem Wort von Erzbischof Romero geantwortet: Wir versuchen hier im Sozialzentrum der Jesuiten Stimme derjenigen zu sein, die in Europa keine Stimme haben.

Und wer ist das?

Das sind die Armen, Minderheiten, Flüchtlinge, Migranten, die Roma. Mehr als 100 Millionen Menschen leben in den Ländern der EU an der Armutsschwelle, 36 Millionen in extremer Armut. Dazu kommt, dass im Rahmen der Globalisierung vieles, was im EU-Parlament und der Kommission entschieden wird, Auswirkungen auch für die Länder Lateinamerikas hat. Es geht um ein gerechtes Welthandelssystem, um die Frage der Lieferketten und gerechten Löhne sowie um menschenwürdige Arbeitsbedingungen.

Es gibt also Schnittpunkte mit Ihrer neuen Aufgabe?

Von den Kontakten und Vernetzungen, die ich in Brüssel hatte, lässt sich sicher auch für Adveniat einiges fruchtbar einbringen. In Brüssel hat etwa die CIDSE, die Dachorganisation von katholischen Hilfswerken verschiedener europäischer Länder, ihren Sitz. Da werde ich die Verbindungen halten, genauso wie zum Sozialzentrum der Jesuiten. Es geht hier nicht um Lobbyarbeit, sondern um Anwaltschaft.

Die "Option für die Armen" ist von Papst Franziskus in den Mittelpunkt gestellt worden. Ist es das, wofür Sie kämpfen wollen?

Dieses Programm hat sich die Kirche Lateinamerikas im Anschluss an das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) bei der Bischofsversammlung 1968 in Medellin/Kolumbien gegeben. Sie begründet sich aus dem Evangelium, weil auch Jesus die Option für die Armen in den Mittelpunkt seiner Verkündigung und seines Handelns gestellt hat. Selig Ihr Armen, denn Euch gehört das Reich Gottes, heißt die erste Seligpreisung. Franziskus geht damit auf die Quelle des Evangeliums zurück. Für Adveniat ist dies gleichfalls der Kompass, für die Armen sowie für Glaube und Gerechtigkeit einzutreten.

Der von Ihnen verehrte Karl Valentin ist der Meinung "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative und eine komische." Wie würden Sie dieses Zitat auf Ihre neue Aufgabe hin interpretieren?

Humor ist für mich etwas ganz Wichtiges. Auch der Papst ist überzeugt, dass Humor uns Gott nahebringt, ja Gott sogar selbst Humor hat. Ich sehe das auch so, denn sonst würde Gott die Menschheit wahrscheinlich nicht ertragen. Insofern kann es hilfreich sein, zumindest zu versuchen, selbst schwierige Situationen aus einer humorvollen Perspektive zu sehen. Mir fällt ein weiterer Satz von Valentin ein: "Hoffentlich wird es nicht so schlimm, wie es schon ist." Da stutzt man erst, aber ein solches Wort kann entkrampfen und einen zum Lachen bringen.

Von Barbara Just (KNA)

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